Tagungsbericht Lüneburg 2022
Symposion des FachKreises Turmuhren
in Lüneburg, 21. – 24. April 2022
Bettina Motschmann
mit Bildern von Michael Neureiter und Wolfgang Raufer
Nach der zweijährigen coronabedingten Zwangspause konnten wir uns als FachKreis Turmuhren endlich wieder treffen. Der erste Abend war der Wiedersehensfreude geschuldet; viel war zu berichten, was der ein oder andere im Coronalockdown gearbeitet hatte. Das Programm sah jeweils am Vormittag Besichtigungen und am Nachmittag Vorträge vor.
Am Freitag, 22.04.2022, stand die St. Michaelis Kirche (die ehemalige Benediktinerklosterkirche aus dem 14. Jahrhundert) im Mittelpunkt – mit restaurierter Beyes-Turmuhr von 1910 (quasi zum Anfassen und tickend) unten in der Turmhalle. www.sankt-michaelis.de
Die Teilnehmer waren in drei Gruppen aufgeteilt, die im Wechsel die drei Programmpunkte absolvierten:
Das Glockenspiel (mit Vorführung durch Frau Pastorin Ideker) oben im Dachgeschoss
Frau Pastorin Ideker erklärte die Funktionsweise des Glockenspiels, um anschließend das Stockklavier zum Klingen zu bringen. Dabei treffen die Klöppel auf den Rand von 9 (von 10) Läuteglocken.
Die Orgeln der Kirche: Kirchenmusiker Henning Voss an St. Michaelis erklärte die Funktionsweise der Orgel am Beispiel der Chororgel von 2000 mit 5 Registern, bei der er die Seitenteile abgebaut hatte, um den Blick in das Innere zu ermöglichen. Im Anschluss ging die jeweilige Gruppe dann auf die Empore zur großen Orgel von Matthias Dropa, einem Schüler von Arp Schnittger, von 1708 mit insgesamt 51 Registern, um diese dann vorgeführt zu bekommen (zum Abschluss mit der Toccata von Johann Sebastian Bach, der zwei Jahre (1700- 1702) Schüler der Partikularschule St. Michaelis in Lüneburg war).
- Bach – St. Michaelis Lüneburg (www.sankt-michaelis.de/…)
- Ausstattung – St. Michaelis Lüneburg (www.sankt-michaelis.de/…)
Das nähere Umfeld dieser Kirche mit dem Senkungsgebiet wurde unter archäologischer Sicht von Prof. Dr. Edgar Ring (Stadtarchäologe in Lüneburg) aufgefächert. 956 wurde Lüneburg urkundlich das erste Mal erwähnt. Bei dem Rundgang kamen die Themen Salzgewinnung, Saline, Salzhandel, der zum (mittelalterlichen) Reichtum der Stadt führte, zur Sprache.
Lüneburg: Ein Stadtteil versinkt – das Senkungsgebiet | Lüneburger Heide (www.lueneburger- heide.de/…)
Die Vorträge am Freitag im Vortragsraum des Hotels, eine Spindeluhr zur Besichtigung und „Turmuhr-Atmosphäre“ im Tagungsraum, von einem der Teilnehmer mitgebracht:
- Dietmar Pauw: „Restaurierung der Beyes-Turmuhr von St. Michaelis“
- Thomas Muff: „Ein Meisterhandwerk hat die ZEIT verschlafen“
- Lothar Hasselmeier: „Die Turmuhren im Dresdner Residenzschloss“
- Michael Neureiter: „Ein wassergetriebener Bratenwender von 1710“
Am Samstag, 23.04.2022, stand die St. Nicolai Kirche (die über 600 Jahre alte Kirche im Wasserviertel, eine dreischiffige Backstein-Basilika mit Seitenkapellen und Emporen, Baubeginn 1407) im Mittelpunkt.
St. Nicolai Lüneburg – Unsere Kirche (www-wir-e.de)
Turmbesteigung der St. Nicolai Kirche mit ihren 239 Stufen, um auf der Uhrenetage die große Weule-Turmuhr von 1895 mit Viertelschlag- und Betglockenwerk zu besichtigen; sie war damals die größte, die von Weule gebaut wurde. Sie misst gut 3 Meter in der Länge und ist über 2 Meter hoch. Die Uhr wurde 1995 von der Firma Otto aus Neustadt/Ostsee überholt; sie wird nun elektrisch aufgezogen und gesteuert. Der Turm hat eine Höhe von 92,7 Meter und ist damit der höchste Turm in Lüneburg. „1-4 Turm Glocken Uhr.pdf“ (www.wir-e.de)
Auf dem Weg nach oben gab es bei der spätromantischen Orgel von Furtwängler & Hammer eine Verschnaufspause.
Führung durch das Wasserviertel für diejenigen, die nicht auf den Turm steigen wollten.
Kirchenführung – St. Nikolai ist im Besitz seltener und außergewöhnlicher Textilien/Stickarbeiten aus dem 15./16. Jahrhundert. Der mittelalterliche Altar und die Glocken stammen aus der 1860 (als Folge der Senkungsschäden) abgerissenen Lambertikirche. Im Chorumgang befinden sich Tafelmalereien (Reste des alten Altars) unter anderem mit der wohl ältesten Stadtansicht Lüneburgs (um 1445).
Führung durch das Lüneburger Rathaus – Baubeginn war 1230; fortan wurde es ständig erweitert und umgebaut. Es ist ein herausragendes Beispiel mittelalterlicher und frühneuzeitlicher profaner Architektur. Noch heute ist es Sitz von Rat und Stadtverwaltung. Es gilt als größtes mittelalterliches Rathaus Norddeutschlands. Die Führung (wieder in drei Gruppen parallel) führte uns in den historischen Teil (Gerichtslaube, Fürstensaal, Bürgermeisterkörkammer, Altes Archiv und Kanzlei, Große Ratsstube).
Vorträge am Samstag im Museum Lüneburg
Die alte Turmuhr aus dem Kaufhaus (dem mittelalterlichen Zolllager) am Stint; sorgte auch hier für „Turmuhr-Atmosphäre“ im Tagungsraum. Die Uhr war in Betrieb von 1745 bis zum Brand des Kaufhauses 1959.
- Silvio Marugg: „Fronwaguhr“
- Michael Neureiter: „Die Turmuhr Johann Benteles für die Stiftskirche St. Peter 1780“
- Martin Stadermann: „Dennisson-Hemmung“ an einer Korfhage
- Bernhard Huber/Jochen Motschmann: Bericht aus dem FachKreis Turmuhren in der DGC e.V.
Das Tagungsprogramm